Kein zweites Kabul: Deutschland muss Sicherheit der Ortskräfte in Mali gewährleisten!

Bundeswehr-Abzug aus Mali steht unmittelbar bevor / Immer noch keine Rechtsgrundlage für Evakuierung / BDÜ fordert angesichts der Lehren aus Afghanistan rechtliche und organisatorische Vorbereitung

Die Ereignisse im Zusammenhang mit dem überstürzten Truppenabzug aus Afghanistan im August 2021 haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. Dabei wurden nicht nur lokale Mitarbeiter der Bundeswehr wie Dolmetscher und Übersetzer, sondern auch Ortskräfte, die in der Entwicklungszusammenarbeit – auch bei Nichtregierungsorganisationen – im Einsatz waren, ihrem Schicksal überlassen.

Das damals eingeleitete Ortskräfteverfahren für Afghanistan bzw. das von der Regierungskoalition mehr als ein Jahr später gestartete Aufnahmeprogramm funktionieren beide offenbar bis heute nicht richtig. Laut Medienberichten warten immer noch tausende Kollegen auf ihre Ausreise.

Die chaotischen Umstände des Abzugs untersucht der eigens dafür eingesetzte Afghanistan-Ausschuss des Bundestags (siehe BDÜ-Newsletter Juni 2023). Dieser förderte Erschreckendes zutage: Abgesehen von nicht geklärten Zuständigkeiten wird immer wieder das Fehlen einer entsprechenden Infrastruktur und vor allem der personellen Ausstattung für eine schnellere Prüfung von Visumsanträgen sowie der dafür notwendigen Unterlagen und Sicherheitsverfahren deutlich. Insbesondere fehlte aber eine Rechtsgrundlage für den Notfall – nämlich eine Evakuierung, falls sich die Ereignisse überschlagen sollten, was absehbar war. Insgesamt ergibt sich das Bild „organisierter Verantwortungslosigkeit“.

Vor diesem Hintergrund hat der BDÜ bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass eine Wiederholung in Mali unbedingt vermieden werden muss (siehe BDÜ-Newsletter August 2023). Nun steht der Abzug der Bundeswehr aus Gao bevor, nachdem der malische Außenminister vor dem UN-Sicherheitsrat am 16.  Juni die Soldaten der UN-Mission MINUSMA dazu aufgefordert hatte, das Land schnellstmöglich zu verlassen. Laut Bericht des SPIEGEL in seiner Ausgabe 47/2023 (S. 38–39) denkt der Kommandeur des letzten deutschen Kontingents vor Ort im Rahmen der Abwicklung auch an die malischen Ortskräfte, darunter auch Dolmetscher. Vorgesehen sei allerdings lediglich eine Abfindung – in Berlin wie auch vor Ort gehe die Bundeswehr nicht davon aus, dass die Ortskräfte Opfer gezielter Attacken werden könnten. Die Sicherheitslage, die im selben Text skizziert wird, spricht jedoch eine andere Sprache.

Auch in Mali dürften einige Akteure den Ausspruch „Traduttore, traditore“ im Sinn haben und Dolmetscher bzw. Übersetzer als Verräter betrachten – ein Vorwurf, dem sich diese immer wieder ausgesetzt sehen. Der BDÜ fordert daher die Ausweitung des Ortskräfteverfahrens über Afghanistan hinaus sowie eine Rechtsgrundlage für eine möglicherweise auch hier – oder zukünftig anderswo – notwendig werdende Evakuierung der Menschen, die sich in den Dienst Deutschlands gestellt haben. Üblicherweise entsteht der Anlass für eine Evakuierung plötzlich. Umso wichtiger ist es, einen entsprechenden rechtlich verankerten Plan dazu in der Schublade zu haben. Und umso besser, wenn der dann doch nicht gebraucht wird.


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